Ein Tafelbild, Objekt und die Installation sind erst mal nur Dinge, die das Mysterium, das Unerklärliche, dass Nichtverstehbare, das Geheimnis, ganz natürlich in sich tragen. Finden diese Dinge – durch welche Tat auch immer – in den öffentlichen Raum, wird ein Schleier des Diskurses darüber gelegt, der die Magie des Seins nur noch durchschimmern lässt.
Kunst ist ein Wort, das Tätigkeiten wie Malen, Biegen, Schweißen, Setzen Stellen Legen, etc. einen neuen Rahmen gibt. Die Verwandtschaft zur Einrahmung eines Bildes ist nah, sie sagt: schau das Dargestellte nicht unter dem Aspekt des Handwerks, sondern dem der Kunst an. Das Werk wird aus seinem Erstellungs-Zusammenhang isoliert, damit neuer Wert entsteht. Kunst ist ein Begriff der Transformation.
Der Ursprung liegt bei den Höhlenzeichnungen, eine Hand wurde auf eine Steinfläche gelegt und man sprühte mit dem Mund Farbe darüber. Die frühzeitlichen Gesellschaftsverbände brauchten Wegweiser, herausgehoben aus den Anstrengungen der Reproduktion. Die Handlung hatte eine soziale Funktion den Gemeinsinn zu stärken und zugleich einen Überbau zu geben, später den Glauben zu festigen. Heute ist Kunst aus dem rituellen wie sakralen Zusammenhang befreit (nicht dem politischen), die Umwertung übernimmt das System.
Natürlich läuft ein gutes Werk aus dem Ghetto der Kunsthistorie hinaus, um dann in der Rezeption eingeholt und kanonisiert zu werden: Überschreitung und Vereinnahmung: das ganz eigene Spiel von Kunst im Betrieb. Wie bei einer Gleichung mit Unbekannten, wird das Nicht-Verstandene ausgeblendet, um auf ein Ergebnis zu kommen. Zahlen und Worte beschreiben die Wirklichkeit, damit sie berechen- und benennbar wird: Ein Apfel ist ein Apfel, weil wir wissen, dass er uns als Nahrung dienen kann. Treten wir ein Stück zurück (auch weil der Hunger nicht mehr ganz so groß ist), verblasst das Wort, löst sich der Gedanke vom Gegenstand, verweht der Nutzen. So steht Wirklichkeit immer unter der Notwendigkeit seiner Interpretation, damit Leben, wie wir es kennen, überhaupt erst möglich wird: Wir gehen bei Grün über die Straße, beißen in den Apfel (in Hannover wie in Hiroshima), weil die Zeichen durch Benennung, in einem Wortraum zusammengefasst und auf der Oberfläche eingeschrieben, allgemein geworden sind. Letztlich werden heute die Dinge mehr gelesen, als dass wir sie sehen. Wie ein Fotoapparat dem Auge nachempfunden und das Verkehrssystem unseren Blutbahnen ähnelt, ist die Reduktion überall in der Informationstechnik angekommen: Ein Softwareprogramm arbeitet nicht mit der vollen Auflösung der Abbildung, sondern einem Platzhalter, der stellvertretend schneller darstellbar ist. Diese zwangsläufige Ökonomie des Lebens ist der Bereich, dem sich ein Künstler nur noch durch Akklamation verweigern kann: Er legt das Geheimnis erklärtermaßen dar, verliert noch einmal, was schon verloren ist, macht einen Schritt über die allgemeine Übereinkunft hinaus, um mit dem Gewinn dieser Distanz den unverstellten Blick zurück zu holen. Bildende Kunst als Hinweis auf das alles durchdringende Chaos, der bodenlose Grund, von dem wir auf den Schleier zeigen, den jeder für sich selbst heben muss (im wahren Sinn die Apokalypse).
sinnlos
… keine Erinnerung an das, was dort zu sehen ist, wozu soll es gut sein – wie gebrauche ich es. Eigentlich gar nicht schlecht, die ganze Lehre vom Loslassen findet scheinbar ihre Realität. Aber nicht verstehen scheint nicht zu reichen, das im Kopf Geformte soll nicht seinem Zweck enthoben, sondern transzendiert sein. Damit wird Sinnbestimmung einem neuen Feld zugeführt: Es ist und ist nicht zugleich. Wir werden den Zusammenhang von Abbild und Nutzen im Gehirn kaum entkoppeln können, ohne durch die Gebrauchsanweisung hindurch zu sehen. Im dementen Hirn entschwindet der Sinn, ohne Platz zu schaffen. Das Bewusstsein, das bewusste Sein, leert sich nicht, sondern füllt sich mit Fragen. Leere ist aber nur erträglich durch Erfahrung der entgrenzten Existenz, wobei das Wort nur die vage Grenze darstellt, spezifischen Raum zu bestimmen.
Fragt sich jemand beim Heben des Fusses, welcher Muskel zuerst angespannt werden soll, dem wird das Hirn implodieren, es bleibt Leere ohne Sinn.
surfen Heraklit
Auf der Suche nach Lösungen, seinen es nun Bilder, Objekte oder Installationen, verweigere ich die Anwendung von wiederkehrenden Strukturen. Mein Werk ist eher vielgestaltig, sich am selben Thema entwickelnd, aber unterschiedlich in der Form. Es sind die Kategorien von Narration, Lyrik, Realität/Surrealität und ethischer Anspruch, die mich in der Spur halten: Mein Reflex auf gesellschaftliche Wirklichkeit. Nehme ich ein Teil von links – hängt es rechts, Stabilität gibt es nur im Guckkasten und verbrauchte Energie kann in dieser Welt nicht mehr zurück gewonnen werden. Das Maß dieser Aktivität ist sicher überschaubar, aber nur durch neue Energie kompensierbar, damit es aussähe wie zuvor. Man steigt nicht zweimal in denselben Fluss!
Nach Janosch fällt nichts aus der Welt, und so sollte man es seinen Kindern auch erzählen, leider ist unsere Welt anders. Sie verbraucht sich selbst, bis alle Qualitäten nivelliert sind. Wir reden nicht davon, dass uns vielleicht ein Komet auf den Kopf fällt, oder ein Atomreaktor in die Luft fliegt. Letztlich wäre der Komet nicht zu kritisieren, auch wenn die Auswirkungen eines SuperGAUs, die gleichen sind: Unsere Lebensgrundlagen würden verdunsten. Wie gesagt, das ist kein Thema für die Märchenstunde, da lassen wir lieber morden, das fing schon bei Hänsel und Gretel an. Heute nennt sich das Tatort. Klar – ich bin Surfer – ein Anlass führt folgerichtig zum nächsten. Guten Abend gute Nacht (jetzt ist es 01:08).
Rezeption
Solange ein System der Kunst offen ist, könnte man es demokratisch nennen. Das Werden ist mitgemeint, das Schichten und Durchqueren macht den Sinn einer nachvollziehbaren Aktion, als fertiges Objekt geronnener Zeit. Hier fängt die Arbeit des Betrachters an, aber letztlich wird er nur eine Reflexion sehen, das von der Oberfläche zurück geworfene Licht seines Selbst. So ist das strukturelle, analytische Spiel ein Tanz auf des Messers Schneide, weil es nach dem geschulten Betrachter verlangt. Hier liegt ein Ausschluss vor, der Demokratie in der Betrachtung meint, aber nur Personal brauchen kann, das die Grundlagen des Systems versteht. Erläuterung ist selbstgefällig. Der Augensinn – das unmittelbare Verstehen – ist die letzte Möglichkeit Dissonanzen wieder einzurenken. Der Weg zum Begreifen muss somit ins Werk eingeschrieben sein, was Pädagogik vermuten lässt.
Das andere Ende ist geschlossen, auratisch: ein Werk auf der Wand, oder im Raum wird in Szene gesetzt, die Atmosphäre aufgeladen durch das Nichttun der unmittelbaren Nachbarschaft, ein idealer Raum. Der Dialog mit anderen Arbeiten wird vermieden, Wirkung und Spannungen einzelner Elemente bleiben auf sich bezogen, Gesellschaft scheint ausgeblendet. Es entsteht ein Kokon der Wahrnehmung, der sich gravitätisch um das Werk legt, eine holistische Wolke, die sich selbst genügt.
Das Verhältnis von Raum und Umraum wird zur Idee, durchdringende Achsen reichen weiter als die Wand – nach der Tür ist noch lange nicht draußen. Die Wirkung ist direkt auf die Sinne gerichtet; umfangen, verstehe ich mit dem Bauch wohin die Reise gehen soll. Erst auf dem zweiten Blick nehme ich mich wieder wahr, stelle die Realität von Objekt und Subjekt wieder her, mein Gehirn installiert sein Ortungssystem neu, fährt das ICH wieder hoch.
Kirche, wie Propagandaveranstaltungen, kamen/kommen mit ähnlichem Ansatz, beziehen ausdrücklich den Umraum mit ein (der natürlich auch inszeniert sein wird) und im Gesamt(kunst)werk mündet. Das Wiederfinden des ICHs ist nicht das erste Ziel, scheint aber beim gut gehängten Werk gegeben, weil man seiner Behauptung im ‚Withe Cube‘ noch widersprechen kann.
Gedanke über ein mögliches Verschwinden
Ich rücke ein Stück näher zu mir heran. Die Schnittmenge vergrößert sich, wobei Deckungsgleichheit einem Verschwinden gleich käme. Durchschwingen ist notwendig, nur um zu fühlen, dass mich mehr umgibt, als ich verstehen kann.
Gottes Farben
Glauben an Gott ist wie ein Farbmanagement auf dem Computer – es geht nicht ohne. Obwohl die Frage bleibt: Gäbe es keine Menschen – gäbe es dann Gott? Antwortet man mit ‚nein‘, wäre die Summe allen Glaubens Gott. Ist die Antwort ‚ja‘ gibt es ein Problem – niemand könnte irgendwas benennen, ohne Frage wäre alles da und zugleich nicht da, denn erst das Wort – die Benennung – schafft Raum, den das bewusste Sein zum Leben braucht. Somit bleibt Gott wohl die Erfindung der Menschen aus Israel, Rom/Europa und der arabischen Welt. Gehen wir (von hier aus) weiter nach Osten, beginnt der Glauben an den einen Gott zu schwinden, desto näher kommen wir dem sprachlosen Raum, hier hat der Begriff – letztlich das Begreifen – eine andere Gültigkeit, es erweitert sich die Welt, Grenzen lösen sich, das Ganze wird unerklärlich, bis die Sprache versagt. Im Anfang war das Wort!
Die Uhr einmal rum, stehe ich wieder am Anfang – ohne Kunstgeschichte, absorbiert durch das Tun in der Kunst, deren Fragestellungen wie auf einer langen Kette leuchten, jede ein neues Ziel, definiert durch die Entscheidung zuvor. Weiter in die freie Welt, voller Zwang und Misslingen – der Einheit entgegen. Kunstgeschichte zu Ende denken, dem Anfang entgegen, der keiner sein kann, denn unsere Zeit teilt willkürlich den Raum, nur um zu verstehen, was eine Reihe ist.
Arbeiterkinder mögen keinen Strukturalismus
In meinen neuen Bildern (ab 2010) wird neben einer romantischen Sichtweise auch ein surrealer Bildraum geöffnet. Malerei verschiebt sich von ein in der Zeit entwickelnden Prozess zum großen Symbol, Reflexion wird Zeichen, Farbe zur Idee. Gegenstandsbezüge steuern die mögliche Geschichte. Weltbild wird Sinnbild, Schatten ist nicht Verdunkelung, sondern Richtung. Bild als Wegweiser zum ‚glauben müssen‘ an die unausweichliche Transformation: in einer sich ständig ändernden Welt, Idee verdichten – Material werden lassen – welches uns dann erklärtermaßen als umwertet gegenübertritt.
Es geht um den abstrakten Kern einer persönlichen Geschichte, der auf das Allgemeine verweist, so dass der Betrachter einen Schritt auf das Bild zugehen muss, um das ‚warum‘ seines inneren Gesprächs auszuloten; über den strukturellen Untergrund der Malerei hinaus, zu den wesentlichen Inhalten, letztlich politischen Grund eines Tuns zu gelangen, der es überhaupt erst rechtfertigen kann, einen Pinsel in die Hand zu nehmen.
Akzeptanz
Ich habe an die Ordnung geglaubt, bin dort hineingeboren (1954) und darin aufgewachsen. Man sollte annehmen, dass im 2. Weltkrieg – mit der größten Unmenschlichkeit, die je stattgefunden hat – ein System jede Menge an Blut gelassen hat, die es gereinigt wieder auferstehen lässt. Weit gefehlt, Adam und Eva sind dem Paradies verwiesen worden, Kain hat seinen Bruder erschlagen und wird, sooft sich Geschichte wiederholt, es immer wieder tun. Friede auf Erden nur für Sekunden.
Trauer überlagert den Gedanken. Wohin der Blick sich auch wendet, feiert die Ungerechtigkeit ihren Triumph; als würde nur der Mensch, der sich mit ganzem Wille bereichern will, noch eine Chance haben. Das stärkere Prinzip gewinnt, die soziale Grundlage ist verloren.
Die Selbstreflektion als Künstler hat nun ein Ende dergestalt, dass sich die Leitdiskussion still verschiebt. Galt noch vor ein paar Jahren die bildende Kunst als das Maß der Dinge, mit ihrem Anhang an Philosophen, Kunsthochschulen, Museen und Galerien, hat dies leise gewechselt.
Texte werden von mehren Leuten an verschiedenen Plätzen zur gleichen Zeit geschrieben, Wikipedia wächst zum größten Lexikon, Google wird zum Synonym der Onlinesuche. Jeder kann teilnehmen, auch wenn die unmittelbare Verständigung leidet. Arbeiten im Netzwerk mit Freunden und Kollegen, Treffen im Chat, Diskussionen, Austausch von Erfahrungen, alles möglich Dank dem Netz, das unsere Häuser und Straßen durchzieht, eine gesellschaftliche Umwälzung; Verbunden im wahren Sinne des Wortes, eine Vernetzung über alte Grenzen hinaus.
Medienmacht ausgehend vom Buchdruck (Bibel), wird zum Fischernetz, vom Staat bis zum Hacker, die Maschen sind so dünn geworden, das die Freiheit des Einzelnen darin hängen bleibt.
Dabei ist die Kunst ist zum Schoßhund verkommen, der gut gefüttert und allmählich etwas fett geworden ist, die Zähne lange verloren, gibt es nur noch Weiches zu fressen. Aber ab und zu ein Stück Schokolade ist wirklich nicht schlecht. Zu wenig Bewegung wird ihn früher sterben lassen, damit kann man leben.
Die Vorstellung, dass Heisenberg(1) Van Gogh zeitlich näher steht als mir, läßt mich dann doch Erschrecken, was haben wir gelernt, was haben wir erreicht? Humanismus ist ein großes Wort, in unserer Zeit missbraucht, sinnstiftend war es wohl noch nie.
‚I woke up this morning and a rainbow fits the sky‘ Jack Johnson
1) 1927 unterbreitete Werner Heisenberg seine Unschärferelation, die erstaunlichste Transformation von Weltsicht, die die neue Physik hervorgebracht hat. Sie ist bestimmt von der Erkenntnis, dass das Bewusstsein im sogenannten physikalischen Universum eine entscheidende Rolle spielt. Vereinfacht stellte Heisenberg die These auf, dass der Beobachter das zu beobachtende Objekt verändert, und zwar durch den reinen Akt der Beobachtung. Die Vorstellung von der Welt „da draußen“ als ein von uns getrennter Teil, musste aufgegeben werden.
der Frosch
… aus vollem Lauf anhalten, gerade, es war getrennt von mir. Ich spüre das Bedürfnis mich zu fixieren, festzunageln, auf einen Punkt, von dem Entfernung wieder als feste Größe wahrgenommen werden kann, verschenke das Jetzt, hole die Kamera und schieße ein Bild: Interesselose Kreativität, gegen das Laute, sich überschlagende Sein. Keine Chance, immer gewinnt das Neue, die Wandlung, sei sie noch so klein. Ich zahle den Preis, diesen Weg zu garantieren, immer wiederkehrend Dreh- und Angelpunkt des Menschlichen, Ausdruck der Befreiung vom Prozess der Reproduktion – das gleichzeitige Denken von Unterhalt zerstört die Form.
Stellvertretend, als Modell, nehme ich den Betrieb zum Anlass, kann jetzt über ein Thema referieren, das außerhalb seiner Grenzen an Gewicht verliert.
Grün kann in verschiedenen Variationen (Olivgrün, Chromoxidgrün, Gelbgrün, Grün gemischt mit Ocker, mit Blau) aufgetragen werden – ergibt das einen Wald? Daten kann man klonen – male ich dann? Was rechne ich, wenn ich schreibe?
Heute verstehe ich, warum sich mein Lehrer zum idealistischen Weltbild bekannte.