… und ganz bestimmt Hans von Marées!

Einzelne Bildelemente, in stiller Bewegung gehalten, stellen Bezüge her, interagieren. Figur wird zur vielteiligen Form, die Struktur einer motivischen Zelle wächst ins Substanzbestimmende. Das hat nichts mit Narration zu tun, es ist eher eine geschichtslose Geste, die die inneren Perspektiven, die Bild-Geschichten vermitteln.  Malerei wird – nicht das Bild. Geschichten werden Meta-Geschichten, die Wahrheit zu berühren, um gleich wieder im Kontext Kunst zu verdunsten.
Rückschlüsse: Nicht in der Malerei liegt die Wahrheit, auch nicht außerhalb.
Vor dem Bild merke ich, dass etwas wirkt, mich versetzt, verrückt auf ein anderes Niveau der Wahrnehmung, ein Zugleich von Wissen und Empfinden. Die von mir angenommene Absicht des Künstlers mischt sich mit der gebotenen Wirklichkeit des Objekts. Augensinnlichkeit und Geist verschmelzen genau auf der Strecke, die ich vor dem Bild stehe, im Vor und Zurück wird der Interpretationsraum definiert.
Marées hat auf Podeste gestellt, im Fries groß gefasst, Säulen arrangiert, bei den Triptychen die Rahmen über das übliche ausgebaut. Mit den neapolitaner Fresken ist ein Kunst-Raum entstanden, bei dem Dekor, Raumstruktur und Bild zu einer Einheit verwoben sind. Sicher gibt es viele Beispiele von Künstlern die umfassender gearbeitet haben, und sicher ist Michelangelos Sixtinische Kapelle nicht zu überbieten: Ein gesamter Raum wird zum Bewusstseinsfeld. Alle Kirchen nutzen diese Verdichtung – Emotionsclaiming – Bewusstsein wird bewusst gelenkt.
Bilder von Marées lassen den tiefen Wunsch nach Geborgenheit aufsteigen, ohne auf eine reale Tür zu verweisen, nach der dies möglich wäre. Ein Hervorrufen von Sehnsucht, ohne Akklamation, ohne in den Mythos von Arkadien zu gleiten, die Selbstverständlichkeit des Idealen ist die Leistung von Marées.
In Zusammenführung von Kunst und Leben wäre die Widersprüchlichkeit der Gesellschaft ausgeblendet und könnte nur insoweit wahr sein, dass sie eine Insel in der Gesellschaft darstellte, die sie selbst geboren hätte. Realer und ideeller Raum wären deckungsgleich, nicht in gesellschaftlichen Kontext gestellt und könnte, auf Grund fehlender Dialektik, von innen nicht mehr verstanden werden. Kunst ruhte in der Kunst, was die Sixtinische Kapelle noch rechts überholen würde. Ein Leben in der Utopie ließe keine Hoffnung zu, jegliche Sehnsucht wäre aufgegeben für das Jetzt. Der Traum des Idealen, ist die notwendige Utopie einer Gesellschaft, ist Idee der Zukunft, ist Verweis, ist Richtung, ist Entwicklung.
Museen sind keine Zoos, indem Lebensbereiche eingegliedert sind, die in unserer Welt nicht mehr überdauern. Arkadien wäre das eingelöste Versprechen und führte, wie weit ich auch gehe, immer auf sich selbst zurück. Kunst ist ein System parallel zur Natur und kann, solange sie einen über sich selbst hinausgehenden Anspruch hat, nie das Leben selber sein.
So sind es nicht die festen Grenzen der Museumskasse, oder die Tür zu Arkadien, nachdem Kunst beginnt. Kunst entsteht zwischen Werk und Betrachter, der die Absicht des künstlerischen Tuns transzendiert: Eine Interpretation des Augenblicks, als Projektion des Seins.
Deswegen mag ich Bilder, die an der Wand hängen und Marées gibt mir allen Grund, es auch weiterhin zu tun.